
Ayurveda: Das Wissen vom Leben
Was ist Ayurveda?
Die aus Indien stammende traditionelle Lebenswissenschaft gilt als die älteste Lebenswissenschaft der Welt. Wörtlich übersetzt bedeutet Ayurveda “die Lehre vom Leben”. Sie lehrt uns, wie wir ein langes, gesundes und glückliches Leben im Einklang mit der Natur führen können und welche Gewohnheiten förderlich bzw. hinderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei bedient sich der Ayurveda unterschiedlicher Philosophien und berührt viele Bereiche des Lebens, wie z.B. Ernährung, Heilkunde, Lebensstil, Medizin, Psychologie, Wellness, Massage, Yoga, Meditation und andere spirituelle Praktiken. Durch die Verbindung all dieser Bereiche verfolgt der Ayurveda ein Ziel: die Erhaltung und Förderung der Gesundheit des Gesunden und die Beseitigung und Heilung der Krankheit des Kranken. Dabei zeichnet sich der Ayurveda besonders durch seine ganzheitliche und individuelle Betrachtungsweise aus. Nach dem Prinzip „No two people are alike“ - kein Mensch ist wie der andere - gilt sowohl in Ernährungs- als auch in Verhaltensfragen immer das Prinzip der Individualität. Zudem werden Körper, Geist und Seele nie isoliert voneinander betrachtet, da sie in enger, wechselseitiger Abhängigkeit zueinander stehen und nur als Einheit verstanden werden können. Das Fundament der ayurvedischen Lehre bilden die fünf Elemente Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde, die sogenannten „Panca Mahabhutas“. Als essenziellen Bausteine der Natur, sind sie die Grundlage von allem, was wir als Form bzw. Materie wahrnehmen können. Demnach besteht sowohl der Mensch als auch seine Umwelt aus den gleichen grobstofflichen Elementen. Dieses Verständnis ist wichtig, um die Zusammenhänge im Ayurveda und die Untrennbarkeit von Mensch und Umwelt besser zu verstehen. Denn die im Außen vorherrschenden Eigenschaften beeinflussen auch die Eigenschaften im Innen. Im Ayurveda sind insgesamt zwanzig Eigenschaften genau definiert, die sogenannten Gunas, in welchen die fünf Elemente unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Das Wissen über die Eigenschaften und Elementzusammensetzungen in Kombination mit dem Grundsatz “Gleiches vermehrt Gleiches, Gegensätzliches gleicht sich aus”, ist im ayurvedischen Kontext sehr wichtig, da es uns hilft Substanzen wie Nahrungsmittel und Heilkräuter im Gesunderhaltungs- und Heilungsprozess korrekt einzusetzen.
„Gutes und schlechtes Leben;
Glückliches und unglückliches Leben;
Das, was dem Leben zu- bzw. abträglich ist;
Das Maß des Lebens und seiner Komponenten;
Und das Leben selbst – wo all dies erklärt wird, das nennt man Ayurveda.
Caraka Samhita, Sutrasthana i.41
Die Doshas & die fünf Elemente
Im menschlichen Körper manifestieren sich die 5 Elemente Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde als die “Tridoshas” – Vata, Pitta und Kapha. Die Doshas sind Bioenergien oder funktionelle Komponenten des Körpers, welche für alle Aktivitäten des Körpers verantwortlich sind. Sie bilden die Brücke zwischen dem grobstofflichen Körper und dem feinstofflichen Geist und setzen sich aus jeweils zwei der fünf Elemente zusammen.
ÄTHER
LUFT


VATA
FEUER
WASSER
ERDE



KAPHA
PITTA
Die Eigenschaften der jeweiligen Doshas ergeben sich aus ihrer Elementzusammensetzung. So zeichnet sich das luftige Vata Dosha vor allem durch seine trockene, kalte, leichte, bewegliche und feinstoffliche Eigenschaft aus. Das feurige Pitta hingegen ist heiß, penetrierend, flüssig, scharf und sauer. Kapha ist aufgrund seiner Elementzusammensetzung kalt, schwer, stabil, ölig und süß. Um zu erfahren, wie sich die Doshas auswirken wenn sie im Gleichgewicht bzw. im Ungleichgewicht sind, klicke auf die dazugehörigen Bilder:
Vata, Pitta und Kapha sind in jedem von uns gegenwärtig, wobei sie jedoch von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Diese individuelle Ausprägung der Doshas nennen wir unsere körperliche Konstitution, die „Deha Prakriti“. Bei der Konstitutionsbestimmung werden neben den strukturellen körperlichen Merkmalen auch die funktionellen Komponenten und die mentalen Eigenschaften berücksichtigt. Immer dann, wenn die Doshas im Gleichgewicht sind, sorgen sie für einen harmonischen Zustand von Körper und Geist. Sobald sie jedoch aus dem Gleichgewicht geraten, werden sie ihrer wörtlichen Übersetzung als „Fehler“ oder „Verunreiniger“ gerecht und fügen unserem Körper Schaden zu, der Krankheit verursachen kann. Neben der Prakriti, unserer angeborenen und unveränderlichen Konstitution, unterscheiden wir im Ayurveda auch die Vikriti, den Jetzt-Zustand. Das ist unsere aktuelle Konstitution, die durch äußere Einflüsse, wie z.B. prägende Erlebnisse, klimatische Bedingungen, Lebensstil oder altersbedingte Veränderungen, von unserer Prakriti abweichen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass wir durch unsere Handlungen und den Input den wir über unsere Sinnesorgane aufnehmen, ständig Einfluss auf den Zustand unserer Doshas nehmen. Demnach sind achtsames Handeln und bewusster Konsum entscheidende Faktoren für unser Dosha Gleichgewicht und somit für unsere Gesundheit.
Agni - Das Verdauungsfeuer
Im Ayurveda bezieht sich der Begriff „Agni” auf das Verdauungsfeuer oder die Verdauungskraft im Körper. Es ist ein zentrales Konzept im Ayurveda, das die Fähigkeit des Körpers beschreibt, Nahrung aufzuspalten, zu absorbieren und zu assimilieren, während Abfallprodukte effizient ausgeschieden werden. Ein starkes Agni führt zu einer effizienten Verdauung und Assimilation von Nahrungsmitteln, während ein geschwächtes Agni zu Verdauungsproblemen, unvollständiger Nährstoffaufnahme und der Bildung von unverdauten Stoffwechselrückständen („Ama”) im Körper führen kann. Im Ayurveda wird die Pflege und Stärkung des Agni als wesentlich für die Aufrechterhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden betrachtet. Die Caraka Samhita, eine der bedeutendsten ayurvedischen Schriften, beschreibt die Bedeutung von Agni wie folgt:

„Erlischt dieses Agni, so stirbt man, arbeitet es richtig, so lebt man lange frei von Krankheit, ist es gestört, so erkrankt man - daher wird Agni als die Wurzel (von allem) bezeichnet.”
Caraka-Samhita, Ci.XV.3f
Das ayurvedische Konzept „Ama”
Eng verknüpft mit der Funktion unseres Agnis ist „Ama“. Ama wird im Ayurveda als eine übelriechende, schleimig, klebrige, kalte, schwere und feuchte Substanz definiert. Konkreter handelt es sich bei Ama um Stoffwechselrückstände, die unser Körper nicht verdauen und ausscheiden kann, weshalb sie unverdaut im Verdauungstrakt oder den Geweben zurückbleiben und unser System belasten. Wenn unser Agni also nicht richtig funktioniert oder wir Nahrung zu uns nehmen, die selbst ein gut funktionierendes Agni nicht verdauen kann, bilden wir Ama. Weitere Ursachen können sein, dass wir zu viel oder ohne Appetit essen. Da es nahezu unmöglich ist sich perfekt zu ernähren, ist es unvermeidbar, dass wir täglich ein wenig Ama bilden. Allerdings ist ein gesunder Organismus in der Lage, dass über den Tag angesammelte Ama in der Nacht wieder abzubauen. Vorausgesetzt, wir geben unserem Körper durch gesunde Ess- und Lebensgewohnheiten und genügend Schlaf, die Möglichkeit zur Regeneration. Wenn diese nächtliche Reinigung nicht mehr richtig funktioniert und sich Ama in Folge dessen ansammelt, können verschiedenste Prozesse im Körper gestört werden, die im weiteren Verlauf Krankheit verursachen kann. Anzeichen für Ama sind unter anderem Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, unerklärliche Müdigkeit, Lethargie, Energie- und Kraftverlust, Schweregefühl und Steifigkeit.
